Museumspädagogin
Dr. Silke Krohn ist Fachfrau, wenn es um Bildung und Weiterbildung geht. Sie
konzipierte und begleitete vom Herbst 2011 – Frühjahr 2012 die Ausstellung
„FASHION TALKS“ im Berliner Museum für Kommunikation. Die Ausstellung
beleuchtete den individuellen und kollektiven Umgang mit Mode sowie die
Botschaften, die wir mit unserer Kleidung transportieren. Sie ist derzeit im
Frankfurter Museum für Kommunikation zu sehen: http://www.fashiontalks.de/ausstellung.html
(noch bis 2. September 2012).
Als
externe Expertin begleitete Frau Dr. Krohn i. A. von Kultur und Arbeit e.V. FASHION TALK
mit Ihren Erfahrungen aus der museumspädagogischen Arbeit mit jungen Erwachsenen
im Themenumfeld „Mode“. Kultur und
Arbeit e.V. interessierte besonders die
Heranführung von Jugendlichen an das Modethema, und hier vor allem die Erfahrungen
mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund.
Karin Drda-Kühn / Kultur und Arbeit e.V.
(KDK): Wir versuchen in FASHION TALK über das
Thema Mode auch Jugendliche mit Migrationshintergrund anzusprechen, war das in
der Ausstellung "FASHION TALKS" im Berliner Museum für Kommunikation,
die Sie mitbetreut haben, auch ein Thema?
Dr.
Silke Krohn (SK): Migration war kein expliziter Ansatz, allerdings war ein
Schwerpunkt der per se sehr international ausgerichteten Ausstellung die Entwicklung
der Mode aus Tradition, Kultur und vor allem Jugendkultur zum individuellen
Stil, aber auch zum „must have“ der Saison für unterschiedliche Kaufkraft und
Zielgruppen.
KDK: Für uns ist auffallend, dass
diese Jugendlichen dem Thema "Mode" gegenüber sehr aufgeschlossen
sind, dass es aber extrem schwierig ist, sie an dieser Stelle zu "packen", also sie
einzubeziehen in Form von Aktivitäten. Sie haben ganz eigene Kommunikationsstrukturen,
bleiben lieber in ihrer eigenen Gruppe als nach außen zu gehen, entziehen sich
sehr schnell, wenn sie sich nicht angenommen oder ernst genommen fühlen oder
wenn sie sich schlicht überfordert oder nicht wohl fühlen. Was waren Ihre
Erfahrungen?
SK:
Diese Erfahrungen konnten wir nicht machen, denn bereits die Ausstellung hatte
die Jugendlichen als Zielgruppe, viele hand-ons regten zum aktiven Erleben der
Ausstellung an. In unseren Workshops und Führungen waren die Erfahrungen der
Jugendlichen der Ausgangspunkt, sie hatten viele Möglichkeiten sich
einzubringen und auch den Verlauf und die Thematik zu bestimmen.
KDK: Mode und vor allem modische
Accessoires scheinen extrem wichtig für die Gruppenidentität zu sein, aber wir
konnten eigentlich kaum Ambitionen entdecken, diese selbst zu gestalten oder
individuell zu verändern. Diese Accessoires waren wichtig "wie sie
waren", als Marke gewissermaßen, sie regten nicht oder sehr wenig nur zu
eigener kreativer Auseinandersetzung an. Konnten Sie diese Erfahrung auch machen?
SK:
Auch dies konnten wir so nicht feststellen, natürlich gibt es bestimmte Accessoires,
die Jugendliche niemals „nachbasteln“ würden. Tatsächlich war der Mehrheit
trotz allem Markenkultes die eigene Individualität von großer Bedeutung, und
daher griffen sie Möglichkeiten des Selbermachens durchaus auf.
Allerdings
war unsere Beobachtung, dass sie ein bestimmtes Thema benötigten in dessen
festgestecktem Rahmen sie ihre Kreativität fokussieren konnten. So entstanden
zum Beispiel in Schulkooperationen Jutebeutel (8. Klasse einer Realschule) und
Taschen (11. Klasse Kunstleistungskurs), die im Museum im Rahmen eine Tages zum
Thema "Made in School" gezeigt wurden. Lebhaft diskutierte Themen
(und somit Zeugnisse einer differenzierten Auseinandersetzung) im Unterricht
und in den ergänzenden Führungen und Workshops waren in diesem Zusammenhang
auch die Entstehung und Vermarktung von Modetrends, die Steuerung dieser durch
die Hersteller sowie auch der Einfluss der Jugendkulturen auf diese.
KDK: Eine weitere Erfahrung ist,
dass diese Jugendlichen ihren eigenen kulturellen Hintergrund kaum einbrachten
in die Mode, die Sie tragen oder wertschätzen. Es finden sich in ihrer Mode
"Wiedererkennungsmerkmale" der Gruppenzugehörigkeit, aber diese
gründen sich eher auf bekannte Marken als auf ethnische Details oder bestimmte
Farben, die mit nationaler Identität zu tun haben.
SK: Diese Frage (sofern ich denke, Ihre
Anmerkung als eine solche verstanden zu haben) lässt sich nicht pauschal
beantworten, denn Kopftücher beispielsweise oder bestimmte Ketten sind
natürlich sehr wohl Zeichen eines kulturellen Hintergrundes aber auch Ausdruck
bestimmter Religionen. Diese sind so vielfältig, dass es hier einer statischen
Erhebung beziehungsweise differenzierten Evaluierung unter Einschränkung der
Zielgruppe bedarf um eine fundierte Aussage treffen zu können.
KDK: Konnten Sie Unterschiede
zwischen weiblichen und männlichen Jugendlichen beobachten?
Keinen,
der so pauschal zu nennen wäre, das kam immer auf die Gruppen und deren Gefüge
an. Auffällig jedoch war, dass sich männliche Jugendliche nicht selten genauso
intensiv mit der Aussage ihrer Kleidung beschäftigen wie weibliche Jugendliche,
und dass Marken für sie eine ebenso wichtige Rolle spielen, wenn nicht sogar
mitunter eine größere als für die weiblichen Jugendlichen.
KDK: Ganz herzlichen Dank!
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